Derzeit gibt es im Handel zwei gegenläufige Trends, die sich in Zukunft wohl noch stärker ausprägen werden. Auf der einen Seite finden sich standardisierte Produkte, die – bis sie den Weg zum Kunden finden – zunehmend der Automatisierung „ausgesetzt“ sind. Auf der anderen Seite gibt es individuelle Produkte oder Dienstleistungen, für die Kunden gerne bereit sind, Wartezeit und Geld zu investieren. Händler sollten diese Trends im Auge behalten, wenn es darum geht, die eigene Geschäftsstrategie weiter zu entwickeln.
Wir kennen es alle – es gibt Einkäufe, die einfach lästig sind, aber nun mal notwendig. Der Kauf von Artikeln des täglichen Bedarfs birgt wenig Potenzial als erfüllendes Einkaufserlebnis wahrgenommen zu werden. Viel eher ist damit die Gefahr der Enttäuschung verbunden, wenn etwa das gewünschte Produkt gerade nicht verfügbar ist.
Verschiedene Einzelhändler haben genau das als Chance begriffen und ihren Vertrieb entsprechend angepasst. Mit Amazon Dash können Dinge des alltäglichen Lebens wie z.B. ausgehendes Klopapier oder Milch mit einem schnellen Klick auf die Einkaufsliste gesetzt werden können. Gleichfalls gibt es Vorstöße von Metro, Rewe und Edeka, online Einkaufslisten zu führen und sich Alltagsartikel unkompliziert liefern zu lassen. Der Kühlschrank, der das Konsumverhalten analysiert und eigenständig Bestellungen auslöst ist zwar noch Zukunftsmusik, skizziert aber, wo die Reise hingeht. Nicht ganz so weit in der Zukunft werden wir wohl auf automatisierte Einkaufslisten stoßen, die sich anhand der Einkaufsverhaltens der Kunden erstellen und dann nur noch bestätigt werden müssen.
Mit diesen Entwicklungen verschwinden Kaufhandlungen mehr und mehr aus dem Leben der Kunden. Dem gegenüber steht der andere Trend, nämlich das bewusste Einkaufen. Auch auf diesen Trend haben sich Unternehmen bereits eingestellt.
Personal Shopping ist hierzu nur ein Stichwort. Der Herrenausstatter Hirmer bietet im Raum München zum Beispiel eine Garderobenplanung als Serviceleistung an. Dabei kommt ein Berater zum Kunden nach Hause und hilft, auszusortieren und Lücken zu füllen. Der Berater stellt sich auf die Wünsche und Vorstellungen des Kunden ein, damit der Kunden ein individuell auf ihn zu geschnittenes Angebot bekommt. Hirmer hat ein ganzes Paket von Dienstleistungen zum Personal Shopping entwickelt. Dies reicht von Stilseminaren über Mode-Workshops bis hin zur Beratung zum Thema Corporate Fashion.
In einem anderen Bereich hat Kochhaus Einkaufen neu gedacht. Im Gegensatz zu einem herkömmlichen Supermarkt sind bei Kochhaus die Lebensmittel nicht nach Obst, Gemüse, Fisch, Fleisch und Käse angeordnet, sondern nach Gerichten. Die Gerichte entwickelt Kochhaus in Abhängigkeit von der Jahreszeit und präsentiert diese an einzelnen Ständen im Laden. Das jeweilige Gericht wird über eine Tafel mit Rezept vorgestellt und alle Zutaten findet der Kunde an diesem Stand. Die Zutaten sind schon entsprechend des Rezepts portioniert. Falls die Zubereitung eines Gerichts besonderes Küchengerät erfordert, so findet sich auch dieses am Stand.
Zudem verfügen die Filialen von Kochhaus über Küchen in den Verkaufsräumen. Diese werden genutzt, um Kochkurse anzubieten. Das Unternehmen beschäftigt etliche professionelle Köche, die dem Kunden mit Tipps und Tricks bei der Zubereitung von Speisen zur Seite stehen. Bei einem 3-Gang-Menü mit Weinbegleitung in stilvollem Ambiente lernt der Kunde so machen Kniff und erlebt mitunter einen ausgelassenen Abend.
Beide Trends stellen die wertvolle Zeit des Kunden in den Vordergrund. Der eine Trend versucht, diese Zeit nicht zu vergeuden und dem Kunden Lästiges abzunehmen. Der andere Trend geht vom Wunsch des Kunden aus, sich intensiver mit dem Produkt und dem Drumherum beschäftigen zu wollen und bieten ein echtes Erlebnis rund um den Einkauf. Beide Trends eröffnen für Händler Möglichkeiten, Kunden einen Mehrwert zu liefern und somit langfristig zu binden.